Wie weit ist die Digitalisierung hierzulande vorangeschritten? Und wie lässt sich der Rollout beschleunigen? Das erläutert Lars Petereit, Leiter Digitale Energiewende und Elektrifizierung, beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft e.V. (bne), im Interview.
Tiefer ins Detail geht es zusammen mit Tomás Llobert (ESMIG, Managing Director) und Fabian Maleitzke (Head of Smart Meter Strategy and Operations, Octopus Energy) im EM-Power Europe Webinar „Smart Meter-Rollout – Wo Deutschland steht und was in europäischen Nachbarländern besser läuft“ am 18. März. 2025.
Bis zum September 2024 waren in Deutschland über eine Million intelligente Messsysteme, also Smart Meter installiert. Was zunächst viel klingt, ist in Wahrheit bitter wenig. Denn hierzulande gibt es rund 53 Millionen Messpunkte, also Orte, an denen der Strom physisch gemessen wird. Mit anderen Worten: bisher sind nur 1,9 Prozent der Messlokationen mit einem Smart Meter ausgestattet. Das ist viel zu wenig, schließlich kann der Stromverbrauch nur dann flexibilisiert werden, wenn der Abnahmepunkt auch digitalisiert ist. Ohne Flexibilisierung kann auch die Energiewende nicht funktionieren. Die Versäumnisse bei der Digitalisierung stellen also ein echtes Problem für die Umstellung auf eine günstige Stromversorgung und zunehmend auch für die Systemstabilität dar.
Deutschland hinkt hinterher und liegt im Vergleich zu anderen Ländern in der EU beim Smart Meter Rollout weit abgeschlagen auf einem der hinteren Plätze. Das zeigen Zahlen von ACER, der EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden. Dagegen sind die skandinavischen Länder ein Beispiel für Best Practice, dort sind die Messlokationen bereits zu 100 Prozent mit Smart Metern ausgestattet. Das zahlt sich für die Verbraucher aus. In Schweden und in Norwegen haben zwei Drittel von ihnen bereits einen dynamischen Stromvertrag, also einen Tarif mit spot-indexierten Preisen. In Deutschland sind wir davon meilenweit entfernt.
Die technischen Anforderungen an Smart Meter sind für viele Anwendungsfälle zu hoch, nicht jeder braucht einen Ferrari im Zählerkasten. Diese Vorgaben müssen deutlich abgespeckt werden, so wie in anderen europäischen Ländern, die den Rollout erfolgreich gemeistert haben. Durch die deutschen Regelungen ist der Rollout kompliziert und teuer. Es fehlt daher an Wettbewerb, sowohl bei den Messgeräten als auch beim Einbau. Dabei stehen ausreichend Unternehmen bereit, die gerne in den Markt einsteigen würden. Der staatlich gelenkte Rollout sieht dagegen vor allem die rund 850 deutschen Verteilnetzbetreiber in der Pflicht für die Umsetzung, dabei fehlt denen häufig das Know-How und das Personal.
Wir brauchen einen Neustart der wettbewerblichen Digitalisierung. Dieser kann nur gelingen, wenn das Messstellenbetriebsgesetz weitgehend neu ausgerichtet wird. In Zukunft ist deshalb zu unterscheiden: Energiewendeanlagen wie Solaranlagen, Wallboxen und Wärmepumpen müssen laut rechtlichem Rahmen von außen steuerbar sein. Hier sind hohe Anforderungen an die Sicherheit geboten, weil es auch um Eingriffsmöglichkeiten geht. Deshalb sollte hier ein intelligentes Messsystem eingebaut werden. Bei den meisten Verbrauchern genügt es dagegen vollkommen, wenn ihr Stromverbrauch durch einen fernauslesbaren digitalen Stromzähler gemessen wird, der dann keine Steuerungskomponente enthält. Damit kann die Digitalisierung kosteneffizient und sicher gelingen.
Deutschland hinkt beim Smart Meter Rollout hinterher. Der deutsche Sonderweg bei intelligenten Messsystemen und Steuerboxen ist teuer, kompliziert und langsam. Gemeinsam mit Experten aus Regulatorik und Praxis zeigt der bne in dem Webinar, wo Deutschland im europäischen Vergleich beim Smart Meter Rollout steht und was in anderen europäischen Ländern mit intelligenten Messsystemen möglich ist.
Das Webinar findet am 18. März. 2025 von 11:00–12:15 Uhr statt.