Start-up-Interview mit Lukas Prenner, Gründer von EnergyFamily.
Das 2022 in Österreich gegründete Start-up EnergyFamily bringt frischen Wind in das Thema Energiegemeinschaften. Es will die Gründung von Energiegemeinschaften mit seiner Web-Plattform möglichst einfach machen und durch ein satellitenbasiertes Energiemanagementsystem auch gleich noch die Stromproduktion und -nutzung optimieren. Ein weiteres aktuelles Projekt ist Strom2Go. Erfahren Sie mehr dazu in unserem Start-up-Interview.
Energiegemeinschaften können ganz unterschiedlich zusammengesetzt sein. Zu Ihren Zielgruppen gehören etwa Privatkunden, Unternehmen und Kommunen. Was können Sie diesen jeweils anbieten?
Stimmt, die Zielgruppen sind sehr divers. Doch mit unserer Plattform und unserem Service können wir im Grunde alle Gruppen gleichermaßen beim Aufbau und der Gründung von Energiegemeinschaften beraten und unterstützen. Unser Ziel ist dabei, die Verwaltung und Abrechnung so einfach wie möglich zu gestalten.
Jede der Zielgruppen hat einen etwas anderen Fokus und etwas andere Beweggründe, um sich für eine Energiegemeinschaft zu entscheiden: Unternehmen können zum Beispiel profitieren, indem die produzierte Energie eines Standorts in verschiedenen Filialen genutzt wird. So sparen sie Kosten und können außerdem durch Einbeziehung der Mitarbeiter in die Energiegemeinschaft als attraktiver, nachhaltiger Arbeitgeber auftreten. Kommunen können Stromkosten sparen, ihre Energieeffizienz steigern und mit der Einbindung der Bürger die Gemeinschaft und regionale Wertschöpfung stärken. Privatpersonen wiederum profitieren von attraktiven, fairen und transparenten Strompreisen und haben die Möglichkeit einen wichtigen Beitrag zur Energiewende zu leisten – auch ohne eigene PV-Anlage! Für Privatkunden und Familien bietet unsere Plattform die Möglichkeit in Eigenregie Energiegemeinschaften einfach und schnell aufzubauen.
Auf welcher Zielgruppe liegt aktuell Ihr Fokus?
Unseren Fokus legen wir im Augenblick auf Unternehmen und Gemeinden, da wir dort ein sehr großes Potenzial und gleichzeitig einen sehr hohen Leidensdruck durch hohe Stromkosten sehen. Außerdem können wir hier Mehrwert bieten durch Wirtschaftlichkeitsstudien und Unterstützung bei komplexeren Fragestellungen.
Was macht Ihr Start-up anders als Mitbewerber mit ähnlichen Lösungen für Energiegemeinschaften?
Wir möchten es unseren Kunden so einfach wie möglich machen, eine Energiegemeinschaft zu gründen bzw. einer Energiegemeinschaft beizutreten. Unsere intuitive Plattform, eine Checkliste, die Schritt für Schritt beim Aufbau begleitet und unsere persönliche Beratung zeichnen unser Angebot aus. Außerdem unterscheidet uns auch unser geplantes Energiemanagementsystem, das auf Basis von Satellitendaten die Energienutzung innerhalb der Energiegemeinschaft optimiert.
Das klingt spannend! Was ist das Besondere an diesem System und wie funktioniert es?
Ein Energiemanagementsystem auf Basis von Satellitendaten gibt es im Sektor der Energiegemeinschaften im Moment noch nicht am Markt. Satellitendaten und Solar Nowcasting werden vor allem bei großen PV-Anlagen eingesetzt, für Haushalte und kleinere Anlagen waren diese Services und Dienstleistungen bisher allerdings viel zu teuer und deshalb nicht rentabel. Wir arbeiten an einem System, dass es aufgrund hochauflösender Satellitendaten gepaart mit KI ermöglicht, Produktionsmengen exakt vorherzusagen. Durch den Abgleich mit Verbrauchswerten und Verbrauchsprognosen kann das System das Energiemanagement innerhalb der Energiegemeinschaft optimieren, in dem es gezielt Wärmepumpen, Ladeinfrastruktur für Elektroautos etc. ansteuert.
Wie läuft eigentlich die Gründung einer Energiegemeinschaft ab?
Die Gründung einer Energiegemeinschaft erfordert sorgfältige Planung und Koordination und ist zugegebenermaßen nicht ganz frei von einigen bürokratischen Hürden.
Als erster Schritt müssen der Energiebedarf, die Produktion und der Verbrauch von potenziellen Mitgliedern betrachtet werden. So kann man feststellen, ob und welche Art der Energiegemeinschaft Sinn macht. Außerdem ist zu klären, ob alle Interessenten mit einen Smart Meter ausgestattet sind – ohne ist eine Teilnahme an der Energiegemeinschaft nicht möglich.
Als nächstes muss zum Betrieb einer Energiegemeinschaft eine Rechtsform gegründet werden. Am häufigsten sind das in Österreich Verein oder Genossenschaft – je nach Größe der Energiegemeinschaft. Außerdem müssen verschiedene Vereinbarungen sowohl innerhalb der Gemeinschaft, wie die Preisgestaltung, Nutzungsverträge und Aufteilungsschlüssel als auch außerhalb, etwa der Vertrag mit dem Netzbetreiber, abgeschlossen werden.
Als letzter Schritt folgt dann eine Anbindung an die Marktkommunikation. So können erzeugte und verbrauchte Strommengen übermittelt werden und eine Abrechnung wird möglich. In unserer intuitiven Webplattform begleiten wir unsere Kunden Schritt für Schritt durch diesen Prozess, geben Hilfestellung und haben viele Schritte automatisiert und digitalisiert.
Wie funktioniert das mit der Abrechnung des geteilten Stroms?
Die Abrechnung basiert auf den Daten der Smart Meter, die den Verbrauch bzw. die Produktion viertelstündlich messen. Diese Daten werden vom Netzbetreiber zur Verfügung gestellt. Die Zuteilung der Strommengen kann entweder vorher festgelegt werden oder je nach Produktion und Verbrauch dynamisch erfolgen.
Unser System erstellt die Rechnungen automatisch. Diese können via SEPA-Lastschrift direkt über die Plattform beglichen werden und auch das Mahnwesen ist automatisiert.
Eines Ihrer aktuellen Projekte, das Sie auf Ihrer Homepage beschreiben, ist Strom2Go. Die Idee, tagsüber bei der Arbeit im Büro sein Auto mit dem gerade zuhause selbst erzeugten Strom zu laden, klingt super. Wie würde das im Prinzip funktionieren? Wie weit ist das Forschungskonzept?
In diesem Projekt arbeiten wir mit einer Fachhochschule in Niederösterreich zusammen. Ziel ist es, dass der Strom, der am eigenen Dach produziert wird, auch an der Ladeinfrastruktur beim Arbeitgeber oder ggf. auch an anderen Ladepunkten ins E-Auto „getankt“ werden kann. Möglich ist das mithilfe von Energiegemeinschaften. Das Forschungsprojekt ist noch am Laufen und erste Ergebnisse haben gezeigt, dass viele Stakeholder daran Interesse haben, die Umsetzung allerdings technisch anspruchsvoll ist. Im Moment wird zur weiteren Ausarbeitung der technischen Umsetzungsmöglichkeiten nach ersten Pilotkunden gesucht.
Ist auch die Vermarktung von Flexibilität über Ihr System möglich oder angedacht?
Diese Möglichkeit möchten wir mittelfristig auf jeden Fall auch anbieten. Gerade die Ansteuerung von Wärmepumpen und E-Ladestationen sind dazu bestens geeignet. Unsere Projekte und Entwicklungen im Bereich der E-Mobilität und der satellitengestützten Effizienzsteigerung sind die Basis, um auch die Vermarktung von Flexibilität zukünftig umsetzen und anbieten zu können.
In welchen europäischen Ländern sehen Sie welches Potenzial für Energiegemeinschaften?
Energiegemeinschaften sind unserer Meinung nach unverzichtbar, wenn es um die Umsetzung der europäischen Klimaziele geht. Deshalb ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich das Konzept in allen europäischen Ländern durchsetzt bzw. bis das nationale Recht in den einzelnen Ländern die Gründung von Energiegemeinschaften ermöglicht. Österreich hat hier im Moment eine Vorreiterrolle, aber auch in anderen Ländern wie Spanien, Italien und Portugal ist die Rechtslage schon weit fortgeschritten. Gerade der Süden Europas ist ein interessanter Markt, da dort das PV-Potenzial besonders hoch ist.
Auch Deutschland ist für uns ein wichtiger und spannender Markt. Im Moment wird gerade an einem Gesetzespaket gearbeitet, dass ab nächstem Jahr die Umsetzung von Mieterstrom erleichtern soll. Sobald die rechtlichen Rahmenbedingungen hier gegeben sind, hoffen wir, auch am deutschen Markt Fuß fassen zu können!
Sie möchten noch mehr über EnergyFamily und seine Web-Plattform erfahren? Dann schauen Sie doch mal bei The smarter E digital rein! Dort finden Sie die Aufzeichnung des Vortrags, den Gründer Lukas Prenner auf dem EM-Power Forum 2023 gehalten hat.
Auf The smarter E digital stellen wir Ihnen zahlreiche Aufzeichnungen von internationalen Messen, Konferenzen & Webinaren, aktuelle Studien und spannende Interviews mit führenden Experten zur Verfügung.