Energiewende vor Ort: Wie Energy Sharing die Energiewelt verändert

Trendpapier – 22. Mai 2024

München/Pforzheim, April 2024 – Energy Sharing ist weltweit ein Trendthema, da es vielversprechende Möglichkeiten für die dezentrale Energiewende bietet. Es eröffnet neue Wege, sich unkompliziert am Ausbau erneuerbarer Energien zu beteiligen und direkt davon zu profitieren. Mit Energy Sharing können Bürgerinnen und Bürger beispielsweise Solaranlagen in ihrer Umgebung mitfinanzieren, die Sonnenenergie selbst nutzen oder überschüssigen Strom verkaufen. Dieses innovative Konzept erhöht den Anreiz, mehr PV-Module zu installieren und erneuerbare Energien lokal zu nutzen.

Aktuell beteiligen sich Bürgerenergiegesellschaften bereits an Wind- und Solarparks, jedoch können sie den erzeugten Strom nicht selbst verwenden. Zudem fehlt es vielerorts an unkomplizierten Modellen, um Verbraucher in der Nähe mit Strom aus PV-Anlagen zu versorgen. Die laufende Strommarktreform der EU, die im April 2024 vom Europäischen Parlament verabschiedet wurde, stärkt das Konzept des Energy Sharing und fördert somit eine nachhaltige Energieversorgung.

Energiewende für alle: Das Recht auf Energy Sharing kommt

Energy Sharing füllt die Lücke zwischen Eigenverbrauch und Bürgerenergiegesellschaften. So wird die Vor-Ort-Versorgung weiter vereinfacht. Zudem sollen sich so Personen mit geringen finanziellen Ressourcen an der Energiewende einfacher beteiligen können. Die aktuelle EU-Reform ermöglicht damit eine leicht zugängliche Beteiligung an Energieerzeugung und -verbrauch. Zu diesem Zweck führt die Reform der EU-Strommarktrichtlinie die Rolle des “aktiven Verbrauchers” ein. Es ist nun möglich, mehrere Stromverträge abzuschließen, beispielsweise mit einem anderen aktiven Verbraucher und einem Reststromlieferanten. Der ebenfalls neu eingeführte "Organisator" übernimmt die Marktkommunikation für aktive Verbraucher, koordiniert Vereinbarungen zwischen Teilnehmern, Lieferanten und Netzbetreibern sowie die Abrechnung und Vertragsverwaltung.

Wenn das so umgesetzt wird, könnte zum Beispiel Sandra, die tagsüber im Büro ist, ihren Mittagsstrom aus der PV-Anlage in München einfach an ihren Bruder in Hamburg verkaufen. Wenn sie dann im Winter in den Skiurlaub fährt, könnte sie den ungenutzten Strom auch an ihre Tochter Ida für deren Wärmepumpe weitergeben. Da es dann doch schnell komplexer werden kann, wird sie einen “Organisator” mit der Koordinierung und Abrechnung beauftragen und muss sich um nichts kümmern. Denn Sandra wird im Energy Sharing zwar von den Lieferantenpflichten befreit, nicht aber von den Verbraucherschutzbestimmungen. Hier kommen neue Player ins Spiel, die diese Aufgabe übernehmen.

Was braucht Energy Sharing noch?

Die Technologien, die Energy Sharing ermöglichen, sind bereits vorhanden, aber noch nicht in allen Ländern ausreichend verbaut: Echte Smart Meter und eine funktionierende aktuelle Datenkommunikation zwischen Energy Sharing Akteuren, weiteren Energiemarktteilnehmern und Netzbetreibern sind dabei zentrale Bausteine. Bei der Digitalisierung der Energiewende hinkt gerade Deutschland im internationalen Vergleich allerdings hinterher.

Auch gibt es bereits Konzepte für virtuelle Bilanzkreise, mit denen man die Strommengen in komplexen Energy Sharing Gruppen zuordnen und abrechnen kann. Energy Sharing kann helfen, das Betriebssystem der Energiewende für die Vor-Ort-Versorgung zu entwickeln und bestehende Ansätze zu integrieren. Die dezentrale Erzeugung macht es zu einer physikalischen Notwendigkeit, dass Erzeugung und Verbrauch besser aufeinander abgestimmt werden. Energy Sharing kann auch dafür ein wichtiger Hebel werden.

Darüber hinaus gibt es bereits einige Vorreiter, denn Portugal, Italien und Österreich zeigen schon heute Wege auf, wie die dezentrale Energiewende gestaltet werden kann. Ihre Herangehensweisen sind sehr unterschiedlich: Sie reichen von einer “Vor-Ort-Versorgung" in einem begrenzten Umfeld bis hin zu einer landesweiten Nutzung. Allen ist gemeinsam, dass sie über die gemeinsame Gebäudeversorgung hinaus gehen und dass sie Investitionen in die Erneuerbaren auslösen.

Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne): Keep it simple – die Energiewende vor Ort einfach, unbürokratisch und skalierbar umsetzen

Robert Busch, Geschäftsführer des bne: „Die Todesfallen für Innovationen in Deutschland heißen Überkomplexität und Bürokratisierung.“ Der bne hat daher gemeinsam mit seinen Unternehmen ein einfaches Konzept für das Energy Sharing erarbeitet. Es ist räumlich begrenzt auf die Nachbarschaft und die Netzebenen Niederspannung und Mittelspannung. Haushalte, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen können sich so aktiv an der gemeinsamen Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen beteiligen und Strom über das Netz der öffentlichen Versorgung lokal teilen. Das kann ein Supermarkt mit einer großen Photovoltaik-Dachanlage sein, der Solarstrom an benachbarte Ladesäulen liefert oder auch Bewohner eines Quartiers, die gemeinsam eine Großwärmepumpe zur Wärmeversorgung aus dezentralem Photovoltaik-Strom betreiben. Ausgeschlossen werden lediglich Unternehmen, deren primärer Zwecke die Energieversorgung ist.

Die Teilnehmer benötigen dazu nicht zwingend eine eigene Rechtsform, sondern treffen private Vereinbarungen und werden von bestimmten Lieferantenpflichten entbunden. Da sie den Strom selbst nutzen und nicht in den Energiemarkt einspeisen, benötigen sie im Gegenzug auch keine komplizierte Abrechnung der EEG-Einspeisevergütung. Robert Busch betont: “Die Abrechnung für die lokalen Gemeinschaften muss so einfach wie möglich sein. Unser Modell erlaubt außerdem, dass Netzbetreiber und Stromlieferanten sicher und verlässlich Strommengen ausgleichen und beschaffen können.” Demnach übernimmt ein “Energy Sharing Koordinator” die Marktkommunikation und die energiewirtschaftliche Abrechnung. So bleibt Energy Sharing kein Pilotprojekt für wenige, sondern ist überall umsetzbar und für jedermann zugänglich.

EM-Power Europe: Energy Sharing im Fokus

Energy Sharing gehört zu den Themen der Stunde. Aus diesem Grund räumt die EM-Power Europe, die internationale Fachmesse für Energiemanagement und vernetzte Energielösungen, diesem Thema viel Raum ein. Besucher haben die Möglichkeit, sich sowohl im The smarter E Forum als auch in den Messehallen über passende Lösungen, Technologien und Geschäftsmodelle zu informieren. Zusätzlich bietet die EM-Power Europe Conference am 19. Juni in der Session "Energiegemeinschaften und Smart Energy Sharing" vertiefende Einblicke in Energiegemeinschaften, Bürgerbeteiligung und lokale Dekarbonisierungsprojekte, die zur Netzsicherheit und zum Kundenschutz beitragen. Die EM-Power Europe findet im Rahmen von The smarter E Europe, Europas größter Messeallianz für die Energiewirtschaft, vom 19. bis 21. Juni in München statt – parallel zur Intersolar Europe, ees Europe und Power2Drive Europe.

Über die Trendpapiere

Unsere Trendpapiere bieten Ihnen Hintergründe und aktuelle Entwicklungen in ausgewählten Bereichen der neuen Energiewelt. Jedes Trendpapier steht auch als PDF-Version zum Download zur Verfügung. Die Übersicht über alle Trendpapiere finden Sie auf der Website von The smarter E Europe.

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