Wohnungsgesellschaften steigern die Effizienz im digitalen Heizraum
Heizungen in Mehrfamilienhäusern sind oft veraltet und schlecht eingestellt. Im Rahmen des Einsparzählerprogramms digitalisiert EWUS im Auftrag von Wohnungsgenossenschaften deren Heizräume mit entsprechender Mess- und Übertragungstechnik und empfiehlt Maßnahmen, um die Energieeffizienz zu steigern. Dafür analysiert eine Software die Daten und deckt mithilfe künstlicher Intelligenz Anomalien und Effizienzpotenziale auf.
Über die Hälfte der Haushalte in Deutschland lebt in Mehrfamilienhäusern mit mindestens drei Wohnungen, rund 80% davon sind nach Angaben des Statistischen Bundesamts Mietwohnungen. Etwa ein Viertel der Haushalte wohnt in größeren Wohnblocks oder Hochhäusern. Dabei zahlen die Mieter oft zu hohe Heizkosten, weil die Heizungen veraltet oder schlecht eingestellt und ineffizient sind. In Mehrfamilienhäusern haben Heizungen im Schnitt 17,8 Jahre auf dem Buckel und sind damit noch älter als bei 1-2-Familienhäusern mit 16,3 Jahren. Zugleich fehlt den Hausverwaltungen und Wohnungsunternehmen die nötige Messtechnik und das Know-how, um Defizite zu erkennen.
Diese Lücke füllt die EWUS Effiziente Wärme- und Stromlieferung GmbH aus Berlin. Im Rahmen des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Programms Einsparzähler bietet das Unternehmen mit dem „digitalen Heizraum“ ein Energie-Monitoring für Erdgas, Wärme und Strom. Dafür rüstet der Dienstleister die erforderliche Messtechnik in der Heizzentrale des Kunden nach und macht den tatsächlichen Energieverbrauch sichtbar. Zielgruppen sind Wohnungsbaugenossenschaften, Wohnungseigentümergesellschaften und Contractoren. Bei dem kombinierten Kauf- und Dienstleistungsmodell erwirbt der Kunde das Messsystem und die Fernübertragungseinrichtung, daneben schließt er einen Dienstleistungsvertrag über fünf Jahre ab, in denen EWUS die Messtechnik betreibt und die Daten auswertet. Im Raum Frankfurt am Main betreut EWUS ihr derzeit größtes Projekt: Für die Systeno GmbH überwacht der Dienstleister seit 2017 430 Heizanlagen, die rund 500 Mehrfamilienhäuser mit 6.500 Wohnungen versorgen.
Für die die Messwertaufnahme nutzt EWUS die vorhandenen Gas-, Strom oder Wärmemengenzähler. Bei Bedarf installiert das Unternehmen zusätzliche Temperaturfühler, um einzelne Heizkreise separat zu überwachen. Je nach örtlichen Gegebenheiten werden die Zähler per Funk oder Kabel mit einem Smart Meter Gateway verbunden, das die Daten an die Leitstelle des EWUS-Energiemanagements sendet, wo die Daten analysiert werden.
Die Kunden erhalten über ein webbasiertes, individuelles Kundenportal Zugang zu ihren Daten und Auswertungen. Hierzu setzt der Dienstleister die Software EnEffCo von Ökotec ein, die entsprechende Kennzahlen aus den Daten generiert. Mit der Software werden die Verbräuche nicht nur visualisiert, sondern auch mit den Daten anderer betriebseigener Energiezentralen verglichen. Dadurch lassen sich Effizienzpotenziale und Schwachstellen in den Anlagen erkennen; Störungen werden entdeckt, bevor sie sich auf die Versorgung der Mieter auswirken. Zur Fehlersuche setzt EWUS auch künstliche Intelligenz ein. Beim Betriebsstrom erkennt eine smarte und selbstlernende Software die gerätespezifischen Signaturen beim Stromverbrauch und kann die Verbräuche damit den Geräten zuordnen. Auf diese Weise lässt sich zum Beispiel feststellen, ob Heizungspumpen bedarfsgerecht funktionieren oder unnötig ständig unter Volllast laufen. Eine Reihe von Anomalien kann das System mithilfe eines Algorithmus selbstständig erkennen und entsprechende Maßnahmen dafür ableiten. Typische Fehler sind zum Beispiel eine fehlende Sommerabschaltung und Nachtabsenkung sowie eine schlecht eingestellte Heizkurve.
Neben den Standardmaßnahmen leitet EWUS aus den analysierten Daten auch komplexere Empfehlungen ab, mit denen die Kunden ihren Energiebedarf senken können. Das Unternehmen begleitet entsprechende Effizienzmaßnahmen und überprüft die Einsparungen, die im Webportal ebenfalls übersichtlich dargestellt werden.
In der Regel können die Wohnungsgesellschaften 5-8% Energie einsparen. Bei Systeno in Frankfurt sind es bislang 3-4%. Teilnehmer des Förderprogramms Einsparzähler des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie profitieren durch das Energiesparen doppelt. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) belohnt die Sparer mit 5 ct/kWh eingespartem Gasverbrauch und 15 ct/kWh Strom. Wenn die EWUS als Antragssteller im Einsparzählerprogramm fungiert, werden die Rabatte verrechnet und anteilig an die Kunden ausgezahlt. Außerdem entlasten die Immobilienunternehmen ihre technische Betriebsführung und können durch die Informationen zur zeitlichen Verbrauchsentwicklung gleichzeitig ihren Einkauf optimieren.
Wenn ein Einsparzähler-Projekt nach fünf Jahren abgeschlossen ist, kann die Messtechnik weiter genutzt werden. Ob sie EWUS einen Anschlussauftrag erteilen oder das Webportal selbst weiternutzen, entscheiden die Kunden. Bei Systeno wird das 2022 soweit sein.
Von Simone Pabst
Weitere Informationen: EWUS