Die Elektromobilität ist auf dem Vormarsch, doch die Herausforderungen für die Ladeinfrastruktur in Mehrfamilienhäusern und Mietobjekten sind vielfältig. In unserem exklusiven Interview mit Ralph Müller-Eberstein erfahren Sie, welche entscheidende Rolle die Ladeinfrastruktur in der Immobilienwirtschaft spielt.
Welchen Einfluss hat die Ladeinfrastruktur für die Immobilienwirtschaft?
Prinzipiell möchte der Kunde sein Auto da laden, wo es steht bzw. geparkt wird. Das ist meistens zu Hause oder bei der Arbeit. Das muss bei der Lösungsfindung für eine Ladeinfrastruktur im Bereich Wohnungswirtschaft oder Immobilienwirtschaft unbedingt berücksichtigt werden.
Im Gegensatz zu Benzin und Gas bekomme ich elektrischen Strom an jeder Ecke. Laut Kraftfahrtbundesamt fährt ein Pkw im Durchschnitt 40 Kilometer pro Tag. Mit dieser Angabe kann sehr gut abgeleitet werden, dass ein Auto ca. 12 Kilowattstunden Energie benötigt, um ordnungsgemäß geladen zu werden; bezogen auf ungefähr 8 bis 10 Stunden Standzeit zu Hause oder bei der Arbeit. Somit bestehen, was die Ladeleistung angeht, keine großen Anforderungen. Außerdem ist der Kunde nicht bereit einen höheren Preis beim Laden zu bezahlen, als den, den er bei seinem Energieversorger bezahlen würde. Daraus ergibt sich die Tatsache, dass eine Langsam-Lade-Infrastruktur im Gebäude generell relativ günstig sein muss, und der Anbieter damit nicht so viel Geld verdienen kann, wie er möchte. Wenn im Gebäude eine – im Verhältnis – teurere Schnellladetechnik, die sogenannte DC-Technik, verbaut wird, muss diese dann auch häufig genutzt werden, um effizient zu sein. Das findet bei den genannten langen Standzeiten der Pkws nicht statt. Den Mehrwert einer verkürzten Ladezeit von 6 bis 8 Stunden auf 20 Minuten hat der Fahrer unterwegs, beispielsweise auf Urlaubsreisen, wenn man so wenig wie möglich Standzeiten haben möchte.
Das ist die nächste große Herausforderung, die aktuell noch nicht gelöst ist. Die Immobilienwirtschaft macht aktuell nur das, was gesetzlich gefordert ist. Dadurch, dass wir einen Vermietermarkt haben, besteht kein Anreiz eine Daseinsvorsorge zu betreiben, die notwendig wäre, um die E-Mobilität ins Rollen zu bringen. Wenn der Vermieter keinen Ladepunkt anbietet, findet sich trotzdem ein Interessent der das Objekt nimmt. Im Bereich der gewerblichen Immobilien ändert sich allerdings langsam etwas.
Wir geben unseren Kunden eine Technik an die Hand, die es erlaubt eine bestehende Ladeinfrastruktur durch Softwareupdates zum Beispiel im Bereich technischer Entwicklungen zu neuen Anforderungen oder Normen und Regularien anzupassen. Bereits installierte Ladesäulen müssen im Bedarfsfall nicht neu installiert werden, sondern können kostensparend aufgerüstet werden. Das kann vorkommen, wenn der Netzbetreiber Zugriff auf die Ladepunkte möchte oder Ladesäulen durch Gesetze eichrechtskonform sein sollten.
Aktuelle Themen sind gerade PV-Strom, Überschussladen, selbst erzeugten Strom für Fahrzeuge nutzen, Mieterstrom oder Balkonkraftwerke. Allerdings hat vor allem die Wohnungswirtschaft bei diesen Themen noch keine Antwort, weil sie daraus keinen Mehrwert generieren kann. In Zukunft wird dieses Thema über Dienstleister abgewickelt werden, weil die Wohnungswirtschaft sich nicht um diesen Bereich kümmern kann. Das ist nicht deren Business.
Richtig. Aber es braucht auch einen Rahmen, der von der Politik geschaffen werden muss. Das ist generell das große Problem der Energiewende, dass keiner richtig weiß, welcher Akteur welche Rolle übernimmt. Und das spiegelt sich auch in der Elektromobilität wider. Sobald es aber einen Marktzugang für Dritte gibt, sich die Investition für die Betreiber lohnt und auch die Marktteilnehmer erreicht werden, steigt das Interesse die bereits zur Verfügung stehenden Technologien einzusetzen. Und das ist auch auf die Ladeinfrastruktur übertragbar. Dieses komplexe Thema besteht mehr als nur aus der Steckdose zum Laden. Hier kommt zu den funktionalen Themen auch der Punkt elektrische Sicherheit und die Abrechnung des Stroms dazu. Gerade bei dem Aspekt der Abrechnung wird sich eine Hausverwaltung beispielsweise einen Betreiber suchen, der das in seinem Portfolio anbietet. Und das kostet Geld – und genau hier ist es wichtig, den Nutzer davon zu überzeugen, dass sich an dieses lohnenswerte Geschäftsmodell noch weitere Felder andocken werden. Diese Themen gehen Hand in Hand und die große Herausforderung ist den Zugang zu diesem Markt zu erschließen.
Bei der technischen Gebäudeausrüstung ist es relativ einfach, die gibt es ja schon sehr lange. Bei der relativ neuen Ladetechnik ist es schwieriger. Hier gibt es den berühmten Standard auf dem alles aufbaut nicht. Wenn ein Planer oder Projektierer eine Anlage konzipiert, möchte er ja sicherstellen, dass die Technik, die ein möglicher Nutzer oder Partner mitbringt mit der Vorinstallation korrespondiert – also, dass die weitere Ladetechnik mit der schon vorhandenen zusammen funktioniert. Das ist der größte Knackpunkt eines Planers oder Projektierers.
Ja, denn es ist langsam an der Zeit, dass sich Anbieter am Markt differenzieren und einen Mehrwert generieren müssen. Wenn das Laden des Elektroautos zu einem Grundbedürfnis wird, wird das zu einem starken Wettbewerb führen bei dem am Ende der Preis von Ladelösungen eine große Rolle spielen wird. Und vielleicht schwenkt der Markt – wie bei Gewerbeimmobilien – wieder zu einem Mietermarkt um. In diesem Fall sucht sich der Interessent die Immobilie die zu seinem Elektroauto passt.
Dieses Interview ist ein Auszug aus einer Folge des The smarter E Podcasts. Das vollständige Gespräch können Sie hier anhören.