Vernetzung, intelligente Assistenten, autonomes Fahren: Die Automobilität befindet sich inmitten eines weitreichenden digitalen Wandels, der durch Technologien vorangetrieben wird. Für Netzbetreiber und Verbraucher bietet diese Entwicklung viele Vorteile. Doch es entstehen auch neue Risiken. Baerte de Brey von ElaadNL gibt uns einen Überblick über die wichtigsten Fragen.
Smart Charging, also intelligentes Laden, ist in aller Munde. Was genau verstehen Sie darunter?
Für mich bedeutet intelligentes Laden, eine volle Batterie zu einem niedrigen Preis mit sauberer Energie zu haben. Das ist die Perspektive des Verbrauchers. Als Netzbetreiber geht es darum, die Belastung der Netze zu verschieben und zum richtigen Zeitpunkt, mit der richtigen Geschwindigkeit und der richtigen Spannung zu laden.
Kollidieren diese beiden unterschiedlichen Interessen oder ist es einfach, einen Ausgleich zwischen beiden Parteien zu schaffen?
Das lässt sich durch intelligentes Ladeverhalten ausgleichen. Versorgungsspitzen können zum Beispiel abgefedert werden, indem das Auto tagsüber bei langen Standzeiten geladen wird - im besten Fall, wenn die Sonne scheint. Nachts, wenn strombetriebene Wärmepumpen die Häuser heizen und eine Nachfragespitze das Netz belastet, können Fahrzeuge durch bidirektionales V2G-Laden die Lastspitzen dämpfen.
Der gesamte Aspekt der Netzüberwachung und Abrechnung ist ebenfalls Teil des intelligenten Ladens, oder?
Ja, wenn der Kunde für das Entladen des Fahrzeugs oder das Speichern von elektrischer Energie finanziell belohnt wird, ist dies ebenfalls Teil des intelligenten Ladens.
Als Verbraucher möchte man laden, wenn es günstig ist. Das kann nachts sein, wenn billiger Kohlestrom im Netz ist. Das steht im Widerspruch zu unseren Klimazielen und dem Versuch, mehr erneuerbare Energien ins Netz zu bringen. Intelligentes Laden ist also etwas Anderes als grünes Laden, oder?
Werfen wir einen Blick in meine Heimat, die Niederlande. Hier laden die meisten Niederländer ihre Fahrzeuge an öffentlichen Ladestationen auf, und die Ausschreibungsvorschriften schreiben vor, dass diese mit Ökostrom betrieben werden müssen. Aufgrund der derzeitigen Energiekrise besteht eine gewisse Nachfrage nach Kohlestrom. Aber für das Aufladen von Elektrofahrzeugen an öffentlichen Ladestationen bevorzugen wir Ökostrom.
In anderen Ländern ist die Zahl der zu Hause aufgeladenen Fahrzeuge deutlich höher, zum Beispiel in Skandinavien, wo viele Menschen in ihren eigenen Häusern leben und ihre eigenen Ladestationen haben. Wie viele Ladepunkte werden in den Niederlanden benötigt?
Wenn wir davon ausgehen, dass im Jahr 2030 in den Niederlanden drei Millionen Elektroautos fahren werden, benötigen wir in den nächsten acht Jahren 1,7 Millionen öffentliche und halböffentliche Ladestationen. Aber nicht linear pro Jahr 200.000 installiert, sondern aufgeteilt auf 12 Provinzen mit jeweils etwa 25 Gemeinden. Die Netzbetreiber können sich bei der Planung mit den Kommunen abstimmen, wo sie die Netzverstärkung vornehmen müssen, um eine bestimmte Anzahl von Ladestationen zu installieren.
Ist ein intelligentes Ladenetz in der heutigen Zeit nicht ein großes Sicherheitsproblem in Bezug auf Cybersicherheit und Ransomware-Hacking (Trojaner)?
Richtig, deshalb entwickelt ein Labor einige Programme mit speziellen Anforderungen an sichere Ladestationen, z.B. darf es an den Ladestationen keine offene Verbindung geben, an die man ein Gerät anschließen kann. Auch die Verwaltungseinheit hinter der Ladestation muss geschützt sein.
Ist die Ladestation auch durch das Einstecken des Ladekabels des Autos geschützt? Kann die Schadsoftware nicht auch über das Bordsystem des Fahrzeugs übertragen werden?
Es wird erwartet, dass Sie ein cybersicheres Fahrzeug einstecken. Sonst nichts. Dazu muss alles nach dem gleichen Standard betrieben werden. Die Kommunikationsschnittstelle zwischen dem Fahrzeug und der Ladestation unterliegt der Norm ISO 15 118, die Spezifikationen für die bidirektionale Kommunikation zwischen Elektrofahrzeugen und Ladestationen enthält. Diese Norm in Kombination mit dem open charge point protocoll (OCPP 2.0 .1.) soll sicherstellen, dass die Lieferkette für das Laden von Elektrofahrzeugen cybersicher ist. Es gibt jedoch noch weitere Vorteile für den Kunden. So wird zum Beispiel die Bindung an einen bestimmten Lieferanten verhindert. Die Cybersicherheit ist natürlich der wichtigste Punkt, warum wir die Kombination von ISO 15 118 und OCPP 2.0.1 befürworten.
Soweit zur Cybersicherheit der Anbieter. Sind eigentlich auch die privaten Daten der Verbraucher geschützt?
Die Daten der Verbraucher werden nicht jedes Mal während des Ladevorgangs abgefragt, sondern einmalig bei der Registrierung übermittelt. Der Datenaustausch zwischen dem Fahrzeug, dem Netz und dem Energieversorger ist nicht so groß. Die Autobauer hingegen haben eine Menge wertvoller Daten, die sie für sich behalten. Das erste Thema der Diskussion sollte der Datenaustausch selbst sein, das zweite die Datensicherheit während des Austauschs.
Wie wird sich die zunehmende Zahl von E-Fahrzeugen angesichts der aktuellen Energiekrise auf die Netzstabilität auswirken, wenn viele Menschen auf elektrische Heizmöglichkeiten umsteigen?
In den Niederlanden ist das Netz recht stabil. Aber dennoch kann jeder Einzelne dazu beitragen, das Stromnetz zu stabilisieren - mit Hilfe von intelligentem Laden, mit intelligenten Ladestationen oder mit intelligenten Energiemanagementsystemen, die zum Beispiel anzeigen, wann es sinnvoll ist, das Auto zu laden oder nicht.
Dieses Interview ist ein Auszug aus einer Folge des The smarter E Podcasts. Das vollständige Interview können Sie hier anhören.