Die Netzintegration großer Solarkraftwerke in Kombination mit Batteriespeichern war eines der Topthemen der EM-Power Conference. Wir sprechen mit Jaideep Sandhu, CTO bei ENGIE, über das gemeinsame Potenzial von PV und BESS (Batterie-Energiespeichersysteme).
Mit welchen Herausforderungen kämpfen Stromsysteme mit Schwerpunkt auf PV- und Winderzeugung?
Besonders für die Stromerzeugung aus PV und Windkraft in Kombination mit BESS sind die Vorhersehbarkeit besser und Prognosen genauer geworden. Trotzdem wird dieses Setup noch nicht wirklich als regelbar angesehen. Auch die Verfügbarkeit von Trägheit im Stromnetz nimmt im Zuge des Rückgangs konventioneller Energieerzeugung und der Zunahme asynchroner, variabler Energieerzeugung und elektronisch gekoppelter Ressourcen, wie z. B. Wind- oder Solarkraft, ab. Die Möglichkeiten zur Kontrolle der Rampenrate sind bei Wind- und Solarenergie ebenfalls begrenzt.
Wie stärken PV und BESS die Stabilität und Belastbarkeit eines Netzes?
Photovoltaik in Verbindung mit BESS kann ebenso wie die konventionelle Stromerzeugung für Ausfallsicherheit und Netzstabilität sorgen. PV in Kombination mit BESS liefert synthetische Trägheit als Ersatz für die Trägheit, die sonst durch rotierende Generatoren erzeugt wird. Zudem verringern die schnellen Reaktionszeiten von PV und BESS auf Änderungen der Systemfrequenz den Bedarf an Trägheit. BESS sind relativ flexibel und können bei Bedarf mit einem Droop-Modus ausgestattet werden.
Ein PV-System mit gekoppeltem BESS bietet auch Sicherheit bei der Lastplanung, ermöglicht eine Kontrolle der Rampenrate sowie die zeitliche Verschiebung der Stromerzeugung und deckt Spitzenlasten ab. Zudem ist das System schwarzstartfähig, liefert Blindleistungskompensation bei Nacht, wenn die PV-Anlage keinen Strom erzeugt, verfügt über eine Ride-Through-Fähigkeit und ermöglicht Inselbetrieb sowie die Dämpfung und das Management von Netzschwankungen.
Welche typischen Konfigurationen gibt es für die Kopplung von PV und BESS? Und was sind die Hauptunterschiede zwischen AC- und DC-gekoppelten Systemen?
Es gibt zwei typische Konfigurationen für die Kopplung des BESS mit PV. Bei der ersten handelt es sich um eine AC-Kopplung, bei der sowohl die Photovoltaikanlage als auch das BESS über getrennte Wechselrichter verfügen und auf der AC-Seite, in der Regel im Umspannwerk, gekoppelt werden. Die zweite Konfiguration ist die DC-Kopplung, bei der das BESS auf der DC-Seite mit DC-DC-Kopplern an die PV-Anlage gekoppelt wird und dann über einen gemeinsamen Wechselrichter an das Netz. Im Falle einer großen Anlage mit mehreren Wechselrichtern bzw. Wechselrichterstationen ist das BESS dezentral angeordnet und befindet sich in der Regel in der Nähe jedes dieser Wechselrichter/Wechselrichterstationen.
Jede der beiden Konfigurationen hat ihre Vor- und Nachteile. Im Allgemeinen bietet ein AC-gekoppeltes System mehr Flexibilität, es muss nicht alles am gleichen Standort installiert werden, es gibt weniger gemeinsame Komponenten, deren Ausfall dann die gesamte Anlage betrifft, und mehr Lieferanten. Auf der anderen Seite bietet ein AC-gekoppeltes System keine Verringerung der Clipping-Verluste und kann potenziell höhere Investitionskosten verursachen. Gleichstromgekoppelte Systeme hingegen sind auf einen gemeinsamen Standort beschränkt, tragen zur Verringerung der Clipping-Verluste bei, haben einen etwas höheren Wirkungsgrad und geringere Investitionskosten.
Wie verbreitet ist die Verwendung von PV mit BESS in Europa momentan?
Bis vor kurzem wurden die meisten BESS in Europa noch als Inselsysteme zur kurzzeitigen Stromspeicherung und für Systemdienstleistungen für das Stromnetz eingesetzt. Das ändert sich jedoch gerade. Es gibt eine Reihe von neuen Entwicklungen bei PV gekoppelt mit BESS bzw. mit BESS-Integrationspotenzial für die Zukunft. Außerdem werden die Speicherzeiten länger, von ungefähr einer Stunde auf zwei Stunden oder sogar länger. Dadurch sollen die Stromerzeugung zu bestimmten Zeiten, Arbitrage, eine feste Kraftwerkseinsatzplanung und eine höhere Kapazität ermöglicht werden.
Geeignete Marktmechanismen, die solche Dienste besser vergüten, könnten die Verbreitung von PV und BESS voranbringen. Das gilt auch für die dringend erforderliche Anpassungen der entsprechenden Regularien.
Welche geplanten Entwicklungen dienen der besseren Netzunterstützung?
Sowohl bei der Erzeugung als auch der Übertragung erwarten wir einige Entwicklungen, die Prognosen, Regulierung, Auslastungen der Leitungen und Lastverteilung verbessern sowie den Ausbau beschleunigen werden. Ein Beispiel sind bessere Wetterprognosen für präzise Vorhersagen der Stromerzeugung. Momentan wird auch an der Entwicklung und Implementierung von dynamischen Modellen gearbeitet, die Regelung und Planung der Stromerzeugung unterstützen.
Durch den Abbau von Hindernissen bei der Stromübertragung können neue Erzeugungskapazitäten schneller und in größerem Umfang ans Netz gebracht werden. Durch größere Regelzonen lässt sich die Interkonnektivität mit anderen Strommärkten besser nutzen. Darüber hinaus gibt es bereits Verbesserungen bei der Flexibilität, dem Management und Netzbetrieb auf der Nachfrageseite. Auch eine Reihe von Technologien zur Netzverbesserung sind in Arbeit, wie z. B. die dynamische Leitungsbewertung zur genaueren Bestimmung der Leitungskapazität auf der Grundlage thermischer Grenzwerte und Leistungsflussregler, die das Gleichgewicht im Netz unterstützen.
Gibt es noch andere interessante Trends oder Entwicklungen in Bezug auf die Netzstabilität?
Ein wichtiger Trend ist der massive Einsatz von Energiespeichern, der sich voraussichtlich noch beschleunigen wird. Weiterentwicklungen bei der Batteriechemie für stationäre Speicheranwendungen werden die Kosten senken, die Alterung der Batterien verzögern und die Zykluslebensdauer verlängern.
Daten und die Geschwindigkeit, mit der sie erfasst und verarbeitet werden, sind der Schlüssel zu einem besseren Netzmanagement. In den nächsten Jahren erwarten wir die Entwicklung und Weiterentwicklung von Smart Grids in großem Maßstab mit der Installation von Sensoren, Messgeräten und Kommunikationssystemen, die ein dynamisches Netzmanagement ermöglichen. (SP)