Streamergy führt die Daten von Erneuerbaren-Energien-Anlagen in seinem Data Warehouse zusammen.
Das Start-up Streamergy vernetzt Erzeugungsanlagen von erneuerbaren Energien. Hierfür nutzt es seine selbst entwickelte cloudbasierte Plattform als „Datendrehscheibe“ und speichert die Daten losgelöst von Anwendungen. Damit bekommen die Kunden maximale Flexibilität und völlige Datenhoheit. Stefan Rensberg, Mitbegründer der Firma, erklärt das Geschäftsmodell.
Herr Rensberg, wann wurde Streamergy gegründet und womit beschäftigen Sie sich?
Im Februar 2021 haben wir zu dritt das Unternehmen gegründet. Zuvor waren wir alle zusammen bei einem anderen Unternehmen. Wir haben die steigende Bedeutung von Daten in der Energiewende erkannt und setzen hier klar unseren Fokus. Die Sektorkopplung erfordert die Integration unterschiedlichster Datenquellen, es gibt Bedarf an einer Optimierung des Energieverbrauchs und übergreifenden Analysen. Das erfordert an erster Stelle den offenen und performanten Zugriff auf die notwendigen Daten.
Sie nennen ihr Produkt „Datendrehscheibe“, was kann man sich darunter vorstellen?
Wir bieten ein Datawarehouse für erneuerbare Energien, wobei wir uns sowohl auf Betriebs- als auch auf Stammdaten eingestellt haben. Stammdaten sind technische Daten zu den Projekten und den Komponenten. Das ist inzwischen auch sehr wichtig geworden im Rahmen des Prozesses für den Netzanschluss, zum Beispiel von Photovoltaikanlagen. Der damit verbundene bürokratische Aufwand ist ja leider sehr hoch. Betriebsdaten wiederum sind die zeitreihenbasierten Messdaten der Wechselrichter, Zähler, Sensoren, Parkregler und ähnlichem. Hier standardisieren wir die unterschiedlichen Formate und Protokolle und ermöglichen einen kontinuierlichen, automatisierten Datenstrom.
Wir führen also Messdaten, technische Daten und zugehörige Metadaten in einer Plattform zusammen und stellen sie transparent und digital in der verfügbaren Detailtiefe wieder zur Verfügung. Das ist die Grundlage für jeden digitalen Zwilling. Durch Micro-Apps, die wir auf unserer Plattform integrieren, ermöglichen wir das Arbeiten mit den Daten. Da geht es in der Regel um Datenanalysen, Entwicklung von Geschäftsmodellen oder auch finanzielle Auswertungen. Manchmal sind die Kunden aber auch schon sehr froh, wenn sie erstmals überhaupt alle Daten beisammenhaben und gemeinsam betrachten und analysieren können. Dabei ist es uns auch wichtig, dass die Daten wiederum an andere Systeme verteilt werden können. So kann der Kunde flexibel entscheiden, mit welchen Softwarelösungen er arbeiten möchte.
Ziel ist dann, dass Firmen mit Eigenerzeugung, etwa durch PV, und mit flexiblen Verbrauchern ihren Eigenverbrauch optimieren können?
Ja, zum Beispiel. Wir sehen uns als Unterstützer bei der Optimierung der Sektorkopplung im Unternehmen, etwa durch Zusammenführung der Betriebsdaten von Speichern oder Ladesäulen mit Photovoltaiksystemen. Wir bieten dafür die übergeordnete IT-Lösung, die bereits bestehende Portale oder Datenlogger mit unterschiedlichen Schnittstellen zusammenbringt. Dabei integrieren wir bei Bedarf zum Beispiel auch die Wetterprognosen oder Börsenstrompreise in das System.
Wer ist Ihre Zielgruppe?
Wir sind im B2B-Umfeld angesiedelt. Unsere Zielgruppe sind Unternehmen, vom Mittelständler bis zu großen Firmen im Bereich der erneuerbaren Energien. Die Unternehmen können mit unseren Lösungen Digitalisierungsprojekte zur Prozessoptimierung umsetzen oder gezielt Anforderungen outsourcen, bei denen sie von unseren Skalierungsmöglichkeiten profitieren; wir bieten also nicht nur eine Softwarelösung an, sondern liefern das Know-How auch gleich mit. Am Ende steht immer eine Optimierung, ob nun von Prozessen oder von Energieflüssen.
Gab es etwas Vergleichbares bisher nicht?
Wie so oft ist ein Angebot nicht komplett neu. Es gibt Monitoring-Anbieter, die Daten hosten, dann allerdings meistens spezialisiert sind. Oder es gibt reine Datawarehouses, die jegliche Daten managen. Wir sehen hier eine Lücke in einem offenen Datawarehouse, das aber für die erneuerbaren Energien schon wichtige Funktionen mitbringt, wie die Kompatibilitäten zu marktüblichen Systemen. Das ist für alle Kunden wichtig, die auch mit den Daten arbeiten wollen oder müssen.
Als ebenfalls sehr wichtig erachten wir den Fokus auf die Stammdaten. Rund um ein Projekt werden sehr viele Informationen bis hin zu Datenblättern benötigt. Es ergibt sich ein großer Mehrwert, wenn man diese strukturiert und flexibel ablegen und abfragen kann. Zum Beispiel werden beim Netzanschluss immer sehr viele Informationen abgefragt. Auch solche Daten können wir gut organisieren und in „verdauliche Häppchen“ aufteilen, ohne dass Kunden den Überblick verlieren. Insofern sehen wir unsere Lösung als etwas Neues im Markt an.
Wie steht es um die Sicherheit der Daten?
Wir sind in der Lage, dass der Kunde selbst bestimmen kann, wo er seine Daten hosten möchte. Wenn er bereits eine eigene Infrastruktur betreibt und dort die Anforderungen an IT-Sicherheit erfüllt hat, können wir uns da wunderbar integrieren und der Kunde hat keine externe Abhängigkeit oder zusätzliche Risiken. Wenn wir die Daten in unserem System ablegen, sind die Kundendaten in unabhängigen Instanzen voneinander getrennt, sodass jeder Kunde auch immer nur auf die Daten von seinen Systemen zugreifen kann.
Bislang war Streamergy vorwiegend oder ausschließlich in der PV-Branche aktiv. Gibt es auch schon Projekte mit anderen Anlagen?
Die PV-Branche ist natürlich unsere Heimat, da kommen wir her. Aber inzwischen sind wir auch an Projekten zu Themen wie Ladeinfrastruktur, Batteriespeicher und auch Windprojekten beteiligt. Die Themen wachsen zusammen, da sind wir mit unserer Datendrehscheibe perfekt drauf eingestellt.
Wie bewerten Sie das Potenzial der Streamergy im internationalen Markt?
Generell ist unser Produkt nicht speziell auf den deutschen Markt zugeschnitten, das haben wir mit einem Projekt in Indien auch schon bewiesen. Und gerade die rein datengetriebene Lösung bietet sehr großes Potenzial für Internationalisierung, weil es weniger um die perfekte Benutzeroberfläche, sondern viel mehr um optimiertes Datenmanagement geht. Aktuell fokussieren wir uns allerdings noch auf den deutschen Markt, hier gibt es mit der Energiewende, Digitalisierung beziehungsweise der Vereinfachung von Prozessen mehr als genug zu tun.
Wo sehen sie sich in den kommenden Jahren, technologisch, wie wirtschaftlich?
Wir möchten unser Produktspektrum mit unseren derzeitigen Key-Kunden weiter ausbauen und eng am Markt weiterentwickeln. Technologisch möchten wir gerne an Projekten im Rahmen der Sektorkopplung und Energiemanagement arbeiten und mitentwickeln. Aber auch generell ist die Entbürokratisierung für uns ein spannendes Feld. Bei Digitalisierungsprojekten lernen wir immer sehr viel über die Arbeitsweise in Projekten und können unser Produkt damit gut verbessern.
Wirtschaftlich planen wir derzeit neben Werkstudenten auch die Anzahl der Festangestellten zu erhöhen. Von daher ist es natürlich unser erklärtes Ziel, uns auch weiterhin finanziell stabil zu entwickeln. Unser Weg ist nicht radikales Wachstum, sondern ein gesundes, nachhaltiges Wachstum zu entwickeln für eine stabile Unternehmung.
Streamergy war 2022 schon als Start-up bei der EM-Power Europe dabei und kommt nun mit einem etwas größeren Stand wieder. Was hat sie überzeugt?
Die EM-Power, beziehungsweise zuvor die Intersolar war für uns als langjährige Branchenteilnehmer von je her die wichtigste Messe des Jahres. Daher haben wir auch immer angestrebt, mit einem eigenen Stand vertreten zu sein. Im letzten Jahr war der eigene Stand für uns ein großer Erfolg. Man bekommt einfach eine andere Aufmerksamkeit, als wenn man nur als Besucher über die Messe läuft. So haben sich dann auch für uns sehr wertvolle Gespräche und Möglichkeiten ergeben. Daher war es für uns völlig klar, dass wir wieder an der Messe teilnehmen möchten. In diesem Jahr werden wir als innovatives Unternehmen vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert und können damit auf dessen Gemeinschaftsstand vertreten sein.